Der Abschluss von Verträgen | |||
Einleitung
Mehrere Verträge auf einmal Schlussbemerkung |
Übersicht Zivilrecht | ||
Peter Günther Rechtsanwalt |
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Kaufverträge werden täglich in unzähligen Fällen abgeschlossen, sei es über einen Bonbon, über ein Schreibheft, ein Brot, ein Sofa oder auch über eine Lokomotive oder einen Omnibus. Das Prinzip ist hierbei immer das gleiche - nur das Kaufobjekt sowie der Kaufpreis sind natürlich verschieden.
Ein einfaches Beispiel ist der Kauf eines Pfundes Butter im „Tante-Emma-Laden” um die Ecke.
Sie gehen also in den Laden und fragen nach, was ein Pfund Butter kostet. Der Verkäufer erwidert „1,19 €”, womit Sie einverstanden sind. Sie nehmen die Butter, legen 1,19 € auf die Theke und verlassen den Laden.
Der Vorgang dauerte keine fünf Minuten. Aber was ist hier jurstisch gesehen passiert?
Die Antwort „Ich habe ein Pfund Butter für 1,19 € gekauft” ist zwar richtig, aber nicht ganz vollständig. Sie haben neben dem Kaufvertrag auch noch zwei Verfügungsgeschäfte abgeschlossen.
Im einzelnen ist der Vorgang wie folgt zu werten:
Ihre Frage nach dem Preis der Butter diente lediglich der Vertragsanbahnung. Ein bindendes Angebot haben Sie hierdurch noch nicht abgegeben, sondern Sie wollten zunächst über die Bedingungen, zu denen ein Kaufvertrag eventuell abgeschlossen werden könnte, verhandeln. Hätte der Verkäufer "20 €" geantwortet, hätten Sie das Geschäft wahrscheinlich ohne Butter verlassen.
Die erste juristische verbindliche Willenserklärung liegt in der Erklärung des Verkäufers, er würde Ihnen die Butter für 1,19 € verkaufen. Diese Erklärung ist ein Antrag gemäß § 145 BGB, an den der Verkäufer gebunden ist.
Durch Ihr Einverständnis haben Sie den Antrag des Verkäufers gemäß § 147 BGB angenommen; hierdurch wurde ein Kaufvertrag nach § 433 BGB geschlossen. Der Verkäufer ist nunmehr verpflichtet, Ihnen die Butter zu übergeben und Ihnen das Eigentum hieran zu verschaffen; im Gegenzug sind Sie verpflichtet, den Kaufpreis zu zahlen und die Butter abzunehmen. Dieser Vertrag wird daher „Verpflichtungsgeschäft” genannt.
Es kann sein, dass die Vertragsverhandlungen nicht so glatt laufen wie in diesem Beispiel; dennoch kann am Ende ein Vertrag stehen. Nehmen wir an, der Verkäufer fordert 4,– € für ein Pfund Butter. Dann könnte das Verkaufsgespräch etwa folgendermaßen ablaufen:
Verkäufer: „Ich biete Ihnen dieses Pfund Butter zum Preis von 4,– € an.” | Antrag nach § 145 BGB |
Käufer: „Das ist zu teuer. Ich möchte maximal 50 Cent zahlen.” | Ablehnung und neuer Antrag nach § 150 Absatz 2 BGB |
Verkäufer: „Das kann ich nicht machen, da würde ich draufzahlen. Ich kann Ihnen die Butter höchstens für 1,50 € je Pfund geben. Dann müssten Sie aber zwei Stück abnehmen.” | erneute Ablehnung und neuer Antrag nach § 150 Absatz 2 BGB |
Käufer: „Na meinetwegen, so können wir es machen.” |
Annahme nach
§ 147 Absatz 1 BGB
Kaufvertrag über 2 Pfund Butter zu insgesamt 3,– € nach § 433 BGB zustande gekommen. |
Nun wollen Sie natürlich noch die Butter und das Eigentum an dieser bekommen. Hierfür ist ein weiterer Vertrag erforderlich.
Wie jeder Vertrag kommt auch der Vertrag über den Übergang des Eigentums an der Butter durch Angebot gemäß § 145 BGB und Annahme gemäß § 147 BGB zustande.
Der Verkäufer fragt Sie also: „Wollen Sie diese Butter annehmen und das Eigentum hieran erwerben?” Wenn Sie diese Frage bejahen, haben Sie das in der Frage liegende Angebot angenommen.
Natürlich fragt Sie der Verkäufer nur ganz selten in dieser Form. Der in nebenstehender Skizze aufgezeigte Wortwechsel ist hier wesentlich realistischer. die rechtliche Wirkung ist allerdings die gleiche.
Wenn Ihnen der Verkäufer die Butter nun übergibt, haben Sie gemäß § 929 BGB das Eigentum erworben und könnten mit Ihrem frisch erworbenen Eigentum von dannen ziehen.
Eine Kleinigkeit fehlt allerdings noch: Sie sollten die Butter auch bezahlen ...
Auch hierfür ist erneut ein Vertrag notwendig, mit dem der Verkäufer das Eigentum am Geld erwirbt.
Wie bei den Vertragsverhandlungen über den Eigentumsübergang bei der Butter fragen Sie also den Verkäufer: „Wollen Sie dieses Geld annehmen und das Eigentum hieran erwerben?” und unterbreiten ihm hierdurch ein Angebot gemäß § 145 BGB. Es wäre ungewöhnlich, wenn der Verkäufer diese Frage nicht bejahen würde; hierdurch hat er das Angebot gemäß § 147 BGB angenommen.
Zum Erwerb des Eigentums am Geld ist es gemäß § 929 BGB nun noch notwendig, dass Sie dem Verkäufer das Geld übergeben.
Endlich - drei Verträge später - ist das Geschäft abgewickelt
und Sie können den Laden guten Gewissens verlassen.
Wenn Sie Ihre Butter im Supermarkt kaufen, nehmen Sie diese einfach aus dem Regal,
legen sie bei der Kasse auf das Transportband und übergeben der Kassiererin (oder dem Kassierer) das Geld.
Gesprochen wird hierbei meistens nicht sehr viel -
vielleicht gerade noch „Grüß Gott”,
„Eins-neunzehn” und „Auf Wiedersehen”.
Trotzdem sind die drei genannten Verträge zustande gekommen.
Indem der Verkäufer die Butter ins Regal legt und sie mit einem Preisschild versieht, lädt er Sie ein, ein Angebot zum Kauf der Butter zum angegebenen Preis abzugeben (sog. „invitatio ad offerendum”). Wenn Sie die Butter auf das Laufband legen, erklären Sie an der Kasse durch ihr Handeln („konkludentes” = schlüssiges Tun), dass Sie die Butter kaufen möchten, geben also ein Angebot ab (ein kleiner Unterschied zu oben). Wenn der Verkäufer (meist vertreten durch eine Kassiererin oder einen Kassierer) den Preis in die Kasse tippt bzw. den Barcode einliest erklärt er die Annahme des Angebotes, so dass der Kaufvertrag wirksam zustande gekommen ist. Wenn Sie nun die Butter ans sich nehmen und niemand widerspricht, wird durch diese Handlung der Vertrag über den Übergang des Eigentums an der Butter geschlossen, entsprechend wird der Vertrag über den Übergang des Eigentums am Geld schlüssig durch die Übergabe des Geldes geschlossen.
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